Veränderung mit Fokus – automotive reloaded

In der Vorbereitung zum dem morgigen OpenSpace habe ich in ausführlichen Recherchen (hier findet ihr meine Linksammlung unter Delicious) einiges an Ideen zusammengesucht. Interessant war die Tatsache das ich viele der deutschen Innovationen im Automotive Sektor eher über Google auf dem Blog des amerikanischen Magazins Wired fand, als auf den Seiten der Hersteller. Der Wired Blog Autopia war eine der größten Inspirationsquellen für mich im Netz.

Auf Wired kam ich aufgrund der Printausgabe im Februar mit dem Titel „the next industrial revolution – atoms are the new bits„. Kurz gesagt geht es dabei um die Entwicklung das Open Source, Crowdsourcing, user-generated content und Peer- Gruppen Produktion — früher digitale Trends (Bits), sich jetzt auch auf die kohlenstoffliche Welt (Atoms) auszuwirken beginnen. Als eindrucksvolles Beispiel dafür stellt Chefredakteur Chris Anderson (bekannt durch seinen Bestseller „the long tail„) das erste OpenSource Fahrzeug vor, den Rally Fighter des Herstellers Local Motors. Unter Creative Commons Lizenz produzierten Freiwillige der Local Motors Community in 18 Monaten mit den insgesamt 10 Mitarbeitern des Herstellers ein marktfähiges Fahrzeug. Wird also die Art und Weise wie Fahrzeughersteller künftig produzieren nach dem DIY- Prinzip laufen können?  Ist das ein zukunftsträchtiges Modell einer Branche die sonst geprägt ist von schärfsten Sicherheitsrichtlinien? Wo in Bunkern Erlkönige produziert werden die wie Superstars von Paparazzis trotz Folienbeklebung gejagt werden?

Einen ganz anderen Ansatz lieferte der Vortrag von Shai Agassi, den ich in meiner zweiten Anlaufstelle nach Inspiration zu dem Thema Automotive Reloaded fand, bei TED.com. Shai Agassi, Gründer von better place und ehemaliger SAP’ler hat ehrgeizige Pläne: bis 2016 möchte er das 10 Millionen elektrische Fahrzeuge mit dem better place Netzwerksystem auf verschiedenen Kontinenten, Regionen und Großstädten fahren. Wie das und warum Elektroautos? Das Elektroauto ist doch unpraktisch, bietet es doch nicht diesselben Annehmlichkeiten wie ein Benziner was Geschwindigkeit und Reichweite angeht.

Die Antwort dazu lautet für Shai Agassi: trenne den Eigentumsanspruch auf das Fahrzeug und den Eigentumsanspruch auf die Batterie voneinander. Wenn man das weiterdenkt kommen noch zwei weitere Komponenten dazu: erstens überall wo man parken kann gibt es auch Strom zum Laden der Batterie (wie bei dem norwegischen Projekt think city) und zweitens gibt es Batteriewechselstationen, so wie es heute ein flächendeckendes Tankstellennetzwerk gibt.

Die Antwort lautet also, baue ein perfekt funktionierendes Netzwerk das für 99,9% der Bevölkerung skalierend funktioniert, finanzierbar und praktisch ist. Da der Strom konsequent aus alternativen Energiequellen gewonnen werden soll, ist diese Lösung auch höchst nachhaltig und löst ein weiteres großes Problem: 700 milionen Fahrzeuge weltweit sind für 25% des CO2 Ausstoßes insgesamt verantwortlich. Wenn die Entwicklungsländer dieser Welt auf einen ähnlichen Standard kommen was den privaten Besitz von Automobilen der Industrieländer angeht und wir bei fossilen Kraftstoffen bleiben, wird nicht nur der Ölpreis explodieren sondern jeder noch so kleine Winkel der Erde nach Rohöl aufgewühlt werden.

Diese Probleme gäbe es mit dieser Idee nicht und was mir als Enterprise 2.0 Evangelisten am besten daran gefällt, Shai Agassi bricht mit den konventionellen Geschäftsmodellen der gesamten Autmobilhersteller- und Automobilzuliefererindustrie. Denn das Auto 1.0 und die gesamte Infrastruktur drumherum deckt ausschließlich die Produktion und Optimierung von Fahrzeugen sowie die Förderung und den Transport von fossilen Kraftstoffen ab (Ölförderanlagen Wasser/ Land, Öltransporte wie Öltanker & Lastzüge und ein flächendeckendes weltweites Tankstellennetzwerk). Das Auto 2.0 aber, läßt völlig neue Geschäftsmodelle entstehen. Das Fahrzeug selbst ist nicht der Mittelpunkt, sondern das Netzwerk drumherum. Von dem Windpark und den nahliegenden Batterladestationen über den Batterie- Austauschservice, dem Service Netzwerk von Verleihstationen und den Apps auf mobilen Endgeräten die alles verbinden.

Es geht also um eine Veränderung mit dem Fokus auf das ganzheitliche Problem. Wir werden das Problem nicht auf derselben Ebene lösen können auf der es entstanden ist, dass sagte schon Albert Einstein. Die Frage ist also in welche Ebenen der morgige OpenSpace morgen vorstoßen wird?

Ich bin gespannt darauf und möchte an dieser Stelle alle einladen mitzudiskutieren. Trotz aktueller Diskussionen um Privatssphären- Einstellungen und Datenverwertung, halte ich eine Facebookgruppe für die schnellste und effizienteste Lösung die morgigen Ergebnisse und daraus entstehende Projekte gemeinsam weiter zu entwickeln. Außerdem bietet Facebook die bestmöglichen Verbreitungsfunktionen. So einer von euch bedenken hat, erstellt doch ein einfaches/weiteres Facebookprofil nur mit Namen und Foto – mehr braucht man nicht um mitzumachen. Ich freue mich auch über Einladungen zu der Gruppe aller Leser dieses Blogpostings und Teilnehmenden und ganz besonders auf die ab morgen startende Diskussion!

Let’s Change!

6 Comments

  1. Bianca 17/06/2010 at 09:17 - Antworten

    Was für ein Artikel – eine echte Perle! Wer das Buch „What will Google do“ von Jeff Jarvis gelesen hat, wird sich hier wiederfinden – es ist der Schritt in die richtige Richtung. Vielen Dank für diese Inspiration :)

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      Jörn Hendrik Ast 18/06/2010 at 09:59 - Antworten

      Sehr gerne Bianca und vielen Dank für die Blumen! Du bist herzlich eingeladen mitzumachen, wir haben gestern einen wirklich guten Openspace in Stuttgart gehabt. Es waren Leute fast aller großen deutschen Automobilhersteller vor Ort und T-Systems sowie Automotive IT wollen das Thema weiterführen! Unter der Facebookgruppe in den Diskussionen (http:bit.ly/aut_re_diskussion) kannst du mitmachen, vielleicht kennst du auch jemanden aus der Branche für den es interessant sein kann?

  2. Peter 17/06/2010 at 14:36 - Antworten

    Interessanter ist, die Antwort auf Chris Anderson’s Artikel auf gizmodo zu lesen: Atoms Are Not Bits; Wired Is Not A Business Magazine ;)

    http://gizmodo.com/5457461/atoms-are-not-bits-wired-is-not-a-business-magazine

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      Jörn Hendrik Ast 18/06/2010 at 09:56 - Antworten

      Hi Peter,
      dank dir für den Link. Interessanter Artikel auf Gizmodo. Kritik ist immer gut, vor allem wenn diese nicht nur destruktiv verteilt wird. Kollege Joel hat sich wirklich Gedanken gemacht und es ist schon bedenklich was hinter den DIY-Kits aus China steckt was widrige Arbeitsumstände angeht. Aber mein Blogpost handelte ja nicht nur von dem Wired Artikel, was denkst du zu den Innovationen in Richtung Automobil der Zukunft? Diksutier mit uns: http://bit.ly/aut_re

  3. Mirko Gosch 18/06/2010 at 19:57 - Antworten

    Hey Jörn,

    ein super interessanter Beitrag zur Zukunft der Mobilität. Macht mir wenigstens riesigen Spass das Konzept vor meinem geistigen Auge ablaufen zu sehen. Wir brauchen mehr denn je einen radikalen Wechsel im Umgang mit den fossilien Brennträgern und hier wird ein Weg beschrieben, der erreichbar und plausibel erscheint.

    Danke dir und den anderen Visionären, dass ihr dieses Projekt mit eurer Energie befeuert.

    Mirko

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      Jörn Hendrik Ast 19/06/2010 at 16:38 - Antworten

      Aber gerne doch Mirko und hab Dank für deinen Kommentar
      Wir werden ordentlich Gas geben auf der Facebookseite und glaub ja nicht das du so leicht davon kommst mit zwei Sätzen!
      Einladung ist raus an dich! ;)

      Mein Favorite aus der Gruppe Individualität im Fahrzeug durch IT war diese Idee hier:

      – Augmented Reality: in der Zukunft gibt es kaum noch individualisierte Karosserien, dafür sind alle Scheiben von innen mit Projektionsmitteln ausgestattet, dass sonst einheitlich schwarze Elektroauto sieht von innen betrachtet dann rot und sportlich aus. Der Clou: alle anderen Fahrer sehen durch ihre Scheiben ebenfalls da eingestellte Design. Designs können selbst erstellt werden, im Radio gewonnen und direkt angewandt werden. etc.
      (http://bit.ly/dbxb0G)

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.