Vortrag auf der VDMA-Konferenz: Listen – Talk – CoCreate für Betonpumpen

Vorletzte Woche hatte ich die Gelegenheit bei einem Event über unsere Arbeit zu sprechen, dessen Veranstalter sich so erstmal gar nicht nach der schnelllebigen Welt des Web anhört. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V lud zum Seminar über Marketing 2.0und ich hatte mit dem Vortrag „Enterprise 2.0 im Maschinenbau“ die Aufgabe eine Brücke zwischen diesen beiden Welten zu bauen.

Was macht die altehrwürdige Branche des Maschinenbaus in dem Feld des Unternehmens der Zukunft? Lassen sich die Prinzipien kollaborativen Arbeitens und damit natürlich auch der Einsatz von web 2.0 Tools und Diensten mit der Arbeitsweise eines mittelständischen Maschinenbauers vereinbaren? Ich war offen gesagt nicht wirklich sicher ob unsere Ideen zu diesem Thema nicht als ketzerischer Humbug abgetan werden würden.

Dem war aber glücklicherweise mitnichten so, ich erlebte ein ehrlich interessiertes Auditorium von 135 Teilnehmern, dass berechtigt gute Fragen stellte zum Sinn und zur Umsetzung von Web 2.0 Methoden in Unternehmen. Nach dem Keynote Speaker des Tages Prof. Dr. Gerald Lembke von der dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim und Associate der Unternehmensberatung Dr. Kraus und Partner, der mit seinem Vortrag etwas über die jüngere Geschichte des Web und dem „Auslaufmodell des klassischen Marketingsmixes“ erzählte war ich an der Reihe.

Den Schwerpunkt legte ich auf den doubleYUU Dreiklang „listen – talk- co-create“ mit verschiedensten Beispielen versuchte ich mich der Branche anzunähern. Was besonders gut ankam war das Twitter live Beispiel von Veikko Wünsche und mir. In der Zugfahrt nach Frankfurt durchpflügte ich Twittter nach dem Hashtag #VDMA und #Maschinenbau und stieß so auf diesen Tweet von Veikko:

[singlepic id=7 w=320 h=240 float=]

Nachdem ich spontan Kontakt aufnahm lernten wir uns beim Networking Dinner im Hotelrestaurant dann auch persönlich kennen und ein Vorteil war neben dem Effekt das der ganze Tisch schon vor meiner Ankunft von der Twitter Begegnung sprach, dass wir unsere Vorträge aufeinander abstimmen konnten. Veikko hatte den Vortrag „Follow me“ über die Nutzung von social media direkt nach mir, er ist Geschäftsführer von Lightwerk und arbeitet seit Jahren im Umfeld von Maschinenbauern und konnte so einige Beispiele von mir aufgreifen und vertiefen. Das ist Teamwork und wäre ohne Twitter nichtso einfach zustande gekommen.

Mein Vortrag beschäftigte sich mit den Fragen „Was bringt das aufmerksame Zuhören im Netz? Wie kann ich Kontakt mit potentiellen Kunden im Netz aufnehmen? Und wie kann ich letztlich gemeinsam mit meinen Kunden Produkte verbessern? In meinen Recherchen dazu fiel mir auf, dass die Maschinenbauer doch viel in geschlossenen Foren diskutieren. Die Angst vor dem Abziehen vertraulicher Daten durch die Konkurrenz ist doch stärker als der mögliche Nutzen den der gezielte Einsatz von social media haben kann. Dies bestätigte sich auch in den Fragen nach dem Vortrag noch einmal. Nachdem ich auf den Corporate Blog des General Motor Vizes Bob Lutz verwies, kamen dann auch Fragen zur direkten Umsetzung. Wie lange dauert es ein Blog zu betreiben? Soll man wirklich die eigenen Ingenieure bloggen lassen? Es wurde in großer Runde diskutiert ob man den Blog und stattfindende Diskussion nicht zugangsgeschützt laufen lassen sollte.

[nggallery id=1] Fotos von Ken Fouhy

Natürlich konnte auch ich auf die Antworten nach Sicherheit und Kundenschutz kein Allheilspatent vorstellen. Ja es ist sicher möglich, dass man Konkurrenten durch Blogpostings auf eine Spur bringen kann. Aber erstens kann und sollte man klare Regeln des Corporate Blogging benennen und zweitens ist die wohl klarste Fährte auf die Konkurrenten kommen werden folgende: unsere Konkurrenz bloggt, spricht aktiv mit ihren Kunden und ist uns so eine Nasenlänge voraus!

Allerdings glaube ich nicht einmal das es nur an den Sicherheitsfragen liegt warum sich viele Unternehmen nicht freudig mit diesem Thema auseinandersetzen, ich habe da eher mangelndes Selbstbewusstsein gespürt. Wird es unsere Kunden interessieren? Was haben wir als Betonpumpenhersteller schon Relevantes zu sagen?

Das kann in eine gefährliche Zurückhaltung sein. Die Interaktion mit den Kunden findet heute zu einem nicht mehr wegdiskutierbarem Teil im Netz statt und der Aufbau einer kleinen aber starken Community aus loyalen Kunden und sogar Produktfans kann einen starken Mehrwert liefern.

Ich habe gerade in den Mittagspausen so viele wirklich interessante Geschichten gehört, ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt wo ich jeden Donnerstag gebannt die Sendung mit der Maus schaute um mir erklären zu lassen wie bestimmte Produktionsabläufe funktionieren. Diese Faszination nach Technik und den großen Maschinen ist es die ein Publikum anziehen wird und nebenbei ist das große Stück Industriegeschichte des deutschen Maschinenbaus definitiv etwas auf das man selbstbewusst zurückblicken kann. Die Gründungsgeschichte des genannten Betonpumpenherstellers z.B. eignet sich hervorragend als ersten Blogpost dazu. Der Vater des Gründers der Firma Putzmeister Dipl. Ing. Karl Schlecht sagte ihm:“ Wenn du es schaffst eine Maschine zu entwickeln die uns die mühsame Arbeit des Mörtelauftragens abzunehmen vermag, finanziere ich dir den Protoypen!“ Er hat es geschafft und heute sieht man auf allen großen Baustellen die gelben Betonpumpen von Putzmeister.

Ich wäre begeistert wenn sich Unternehmen aus alteingesessenen Branchen wie der Maschinenbauer, dazu entschließen würden den Dialog mit Ihren Kunden zu suchen. Und ich bin überzeugt, dass es einen wirklichen Mehrwert haben wird, von den Möglichkeiten des Bereichs co-create die durch die kollektive Kreativität entfesselt werden kann ganz zu schweigen!

Der deutsche Maschinenbau steckt hier definitiv noch in den Kinderschuhen, wie Prof. Lembke auch an dieser Stelle resümiert, aber ich bin überzeugt davon, dass es nicht mehr lange dauern wird bis die ersten Blogs entstehen!

Was meint ihr?

4 Comments

  1. Iwo Randoja 01/03/2010 at 13:23 - Antworten

    Das sehe ich genauso. Auch viele B2B-Segmente werden sich von den Dialogchancen überzeugen lassen. Gerade innovationsgetriebene Branchen wie der Maschinenbau, die Elektroindustrie oder Prozessindustrie haben ja auch wirklich viel Spannendes zu erzählen. Und ich stimme zu: Die Angst vor dem Ideenklau lässt sich durch Schulung und klare Regeln in den Griff kriegen.

    Viele B2B-Unternehmen arbeiten auch seit Jahrzehnten erfolgreich mit klassischen Kommunikationsinstrumenten. Ich arbeite für Mittelständler, die nicht Mal „herkömmliches“ Online-Marketing betreiben und trotzdem an der Spitze ihrer Märkte stehen. Hier ist es noch Mal schwerer, Soziale Medien zu platzieren, das ist einfach eine vollkommen fremde Welt.

    Aber das Tolle ist: Wenn diese Unternehmen soweit sind, gibt es unzählige erfolgreiche und weniger gelungene Praxisbeispiele auch aus der B2C-Welt, an denen man sich orientieren kann. Insofern ein Vorteil, dass man im Idealfall die Kinderkrankheiten vermeidet.

    Wie auch immer: Es wächst, mal langsamer, mal schneller, aber aufzuhalten dürfte Social Media auch in traditionellen B2B-Branchen nicht sein.

  2. Jörn Hendrik Ast 01/03/2010 at 21:51 - Antworten

    Moin Herr Randoja,
    vielen Dank für Ihren Kommentar. Ja das mit der „vollkommen fremden Welt“ habe ich ähnlich erlebt. Auf der anderen Seite ist es genauso wie Sie sagen, die B2C Welt bietet die besten Beispiele. Das herumspielen mit Iphone Apps in den Kaffeepausen z.B. fungierte prima als Türöffner und der Relevanzübertrag für die B2B Welt lässt sich leichter vollziehen. Beim Corporate Bloggen die WordPress App oder der Twitter Client fürs Smartphone zeigt die spielerische Leichtigkeit heutiger Anwendungen.

    Mich würde interessieren und vielleicht auch einige der Leser, was Sie als typische Social Media Kinderkrankheiten bezeichnen würden? Wenn Sie Lust haben, ich würde mich freuen!
    ;)

  3. Stefan Prasse 10/03/2010 at 13:15 - Antworten

    Moin Jörn,

    auch von Veranstalterseite (VDMA) aus noch einmal herzlichen Dank für Deinen erfrischenden Vortrag. Ich hatte mitterweile einige Gelegenheiten, zum Thema „Social Media im Maschinen- und Anlagenbau“ mitzudiskutieren. Trotz der Skepsis mancher Unternehmen bin auch ich der Meinung, dass die Chancen des Social Web die Risiken bei weitem übersteigen – auch aus ökonomischem Kalkül heraus.
    Als die Eisenbahn erfunden wurde, warnten Ärzte Mitte des neunzehnten Jahrhunderst vor den unabsehbaren Folgen des Reisens mit 15 km/h. Sicherlich hinkt der Vergleich mit der Skepsis gegenüber dem Social Web, aber die Warnung war genauso falsch wie die These des Internet-Pioniers Clifford Stoll („Die Wüste Internet“) Mitte der neunziger Jahre, dass alle Versuche das Internet zu kommerzialisieren, zum Scheitern verurteilt sind (weil das Grundprinzip des Internets der FREIWILLIGE und JEDERMANN mögliche Austausch von Informationen ist).
    Den Weg, den Unternehmen beim Weg ins Social Web beschreiten können, habt Ihr bei doubleyuu in der richtigen Reihenfolge auf den Punkt gebracht: Liste – talk – co-create.
    VG
    Stefan

    • Jörn Hendrik Ast 10/03/2010 at 14:07 - Antworten

      Wow, Danke Stefan!
      Herzlich gerne und ich freue mich über dein positives Feedback!

      Wir kriegen sie schon noch zum Twittern und Bloggen die Betonpumpen unter den Maschinenbauern!

      Bis zum nächsten Event!

      Beste Grüße

      Jörn Hendrik

Über den Autor: Willms Buhse

Avatar photo
Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.